DRK-Kaffeerunde in der Kleiderkammer
Die DRK-Kleiderkammer bietet wöchentlich eine Kaffeerunde vorwiegend für Menschen mit Migrationshintergrund an – ein passender Name fehlt noch, etwa „Come-together-Cafe“
Im August 2022 hatte sich das Team der Kleiderkammer um Annette Pannenborg im DRK-Kreisverband Wittlage dafür ausgesprochen, für die „Kunden“ für eine kurze Verweildauer in einem separaten Raum eine Kaffeetafel anzubieten, jeweils am Mittwoch, zu den üblichen Öffnungszeiten der Kleiderkammer. Den Kunden, überwiegend Menschen mit Migrationshintergrund aus unterschiedlichen Ländern und Kulturen, möchte das DRK-Team einen Treffpunkt bieten für einen kurzen Gedankenaustausch bei Kaffee, Tee und Gebäck.
Jeweils am ersten Mittwoch eines Monats wird das Angebot von einer „Gruppe“ individuell und landestypisch gestaltet, etwa die türkischen Besucher bieten verschiedene Baklava-Sorten, aus Zucker oder Honigsirup hergestelltes Dessert, in deutscher Sprache etwa eine „Blätterteigpastete,“ aus ihrem Heimatland mit türkischem Tee und andere regionale Spezialitäten an. Im nächsten Monat wird das Angebot im syrischen Stil offeriert usw. Im März wurden z.B. deutsche Spezialitäten, kleine Snacks und belegte Brote, angeboten. In der bunt gemischten Runde sitzen Russlanddeutsche neben Flüchtlingen aus der Ukraine oder neben Menschen aus Syrien. Sie alle haben unterschiedliche Schicksale erlitten und auch wenn sprachliche Barrieren vorliegen, so wird locker mit „Händen und Füßen“ kommuniziert, jeder erfährt von dem anderen Gast Teile seiner Kultur oder Lebensgeschichte.
Das Zusammentreffen basiert auf einem friedlichen Dialog, politische oder religiöse Grenzen und damit verbundene „Feindbilder“ sind absolut tabu. Ein Beispiel für einen Dialog: Eine geflüchtete Frau aus der Ukraine will ihren Gesprächspartnern in russischer Landessprache erklären, dass ihr Ehemann nicht ukrainischer Staatsbürger sei, sondern aus Aserbaidschan stamme. Die russland-deutschen Frauen haben Zweifel ob dieser Aussage. Sie vermuten, dass sich der Ehemann, der vermutlich noch der Wehrpflicht in der Ukraine unterliegt, illegal das angegriffene Land verlassen haben könnte. Dies sei dort als „Fahnenflucht“ strafbar. Die DRK-Kräfte versuchen im Gespräch dem vermeintlich ukrainischen Ehepaar die Ängste zu nehmen. Das DRK ist nicht verpflichtet, die Staatsangehörigkeit ihrer Kunden in der Kleiderkammer zu überprüfen und es würden auch keine Informationen dazu an staatliche Stellen weitergeleitet. Im Bundesgebiet gilt das Strafgesetzbuch, darin ist eine Handlung wie „Fahnenflucht“ im Außland nicht als Straftatbestand enthalten. Das Militär-Strafrecht der Ukraine hat in der EU und somit in Deutschland keine Anwendung.
Es ist wohl zu schwierig, dem Ehepaar in Not die DRK-Grundsätze zu erklären, wie die Neutralität und die Menschlichkeit bei militärischen Konflikten. Ob der Hinweis, dass auch junge Männer, die vor der Einberufung zum Kriegsdienst in der Russischen Föderation geflohen sind und im Bundesgebiet nach internationalem Recht aufgenommen werden, die vermutlich ukrainische Familie beruhigen kann? Dies zeigt oberflächlich die Konflikte von Menschen, deren Land von einem Angriffskrieg überrollt wurde. Die DRK-Kräfte in der Wittlager Kleiderkammer enthalten sich ganz bewusst einer moralischen Bewertung ihrer Gäste mit Migrationshintergrund, alle sind in einem friedlichen Miteinander hier willkommen.
Text und Foto: Eckhard Grönemeyer